Leichtigkeit auf allen Ebenen:
Einen der schönsten Ausblicke über Meran hat man bestimmt im Culinaria im Farmerkreuz oberhalb von Dorf Tirol. Es ist als ob man schweben würde. Als fil rouge zieht sich vor allem eines durch den Abend: Leichtigkeit.
Ja, der Ausblick ist echt. Wenn man die engen Straßen von Dorf Tirol bis zum Farmerkreuz geschafft hat, wird man prächtig belohnt. Nicht nur mit einer wunderbaren Aussicht, sondern mit feinsten Speisen und Weinen. Bei den besternten Kofler-Brüdern ist es ein Leichtes, den Alltag und die Sorgen im Tal zu lassen. Maître Stefan empfängt uns und führt uns zu Tisch, er wird sich im Laufe des Abend um uns kümmern. Bruder Manfred dirigiert in der Küche, zusammen sind sie ein tolles Team.
Alps to Sea - eine kulinarische Reise von den Alpen zur See nennt sich das Menü, das wir wählen und stoßen, während wir auf den Dritten im Bunde warten, auf Empfehlung von Stefan, mit einem Glas Champagner Brut Heritage von Louis Brochet an. Etwas höherer Pinot Noir-Anteil (70 Prozent), 36 Monate auf der Hefe, schön trinkig, mit gut eingebundener Perlage, frisch, ideal zum Aperitif: So präsentiert uns Stefan den Champagner - besser könnte er ihn nicht beschreiben. Sobald wir zu dritt sind, beginnt unsere kulinarische Fahrt von den Alpen zur See. Los geht's mit Finger Food & Spoon Food, welches hausgeräucherten Speck (eine Passion von Kofler Senior), Lardo, Ziegenkäse, Lachs und Tatar umfasst, picobello. Mit Bernhard Hubers Chardonnay Malterdinger Bienenberg 2015 im Glas kommt roh marinierter Carabinero mit Erbse, Minze und grünem Apfel. Frisch und sommerlich. Als Teigwaren-Liebender freue ich mich besonders über den nächsten Gang: Pfifferlingravioli auf Spinat mit Carbonaraespuma, Speck und Petersilie. Toller Teig, tolle Abstimmung, ich könnte einen (sehr) großen Teller davon verspeisen....
Als Fisch-Gang gibt es Filet vom Alpensaibling mit gehobeltem Kräutersaitling, Sellerie und Kräuterfond, kross angebraten auf seiner Haut, das verleiht Würze und Biss, mit der Cremigkeit des Selleries im Mund wunderbar leicht.
Wir wechseln Wein, bestellen Clos Fourtet 1994 zum rosa gebratenen Lammrückenfilet, Petersilienwurzel, Zuckerschoten und Preiselbeergellée. Eine klassische Mariage, die sich auch in diesem Fall als stimmig erweist. Das Fleisch ist sehr zart, der Wein ist perfekt temperiert, wir genießen. Den letzten Gang bildet eine - für mich hervorragende - Mousse von der Tonkabohne mit Marille und Pistazie. Hier gilt wieder nur ganz feiner Einsatz der Tonkabohne, damit das Dessert nicht zu überladen und schwer wirkt. Experiment gelungen, Simon glücklich. Verabschiedet werden wir mit Petit Four.
Am Ende des Dinners verrät uns Stefan, dass das Culinaria in dieser Form ab November nicht mehr existieren wird.
Es wird umgebaut.
15 Suiten sind geplant, mit Private Dining, einer Cooking School und einem Catering. Zeit für die Familie gehe für die Brüder vor und der allseits präsente Personalmangel in der Gastronomie bereite beiden zunehmend Kopfzerbrechen. Verständlich! Wir wünschen Euch alles Gute!
Nach dem tollen Aperitif mit Champagne Louis Brochet, gucken wir uns durch die gut bestückte Weinkarte und entscheiden uns zunächst für den Chardonnay Malterdinger Bienenberg 2015 von Bernhard Huber aus Baden. Tolle Nase nach kaltem Rauch und zartem Toast, leichtes Meersalz und kühle gelbe Frucht, im Mund dann mit viel Rasse und Zug. Trinkt sich aktuell sehr gut. Rotwein des Abends ist Clos Fourtet 1994 (85 % Merlot, 10 % Cabernet Sauvignon und 5 % Cabernet Franc) aus Saint-Émilion.
Eigentlich ein kleiner Jahrgang in Bordeaux, doch sind gerade kleinere Jahrgänge nach (guter) Lagerung und Reife oftmals tolle Offenbarungen. Diese Flasche hatte so einen Wow-Effekt.
Perfekt temperiert und im großen Zalto Burgunderglas serviert, zeigte sich der Fourtet sehr elegant und samtig im Mund. Die Nase war leicht ätherisch, pfeffrig mit feiner grünen Würze unterlegt, kurzum: Flasche leer! Was erlauben Strunz?
Fazit:
Wir werden das "über den Wolken"-Feeling als Gesamterlebnis vermissen!