Toskana – die neue Generation in Montalcino: Die jungen Löwen des Brunello.
Brunello di Montalcino zählt zu den berühmtesten Weinen Italiens. Bei vielen der alteingesessenen Betriebe ist in den letzten Jahren eine neue Generation herangewachsen, die ihre eigenen Ideen einbringen.
„Wie die Generationen vor uns wollen auch wir etwas Eigenes einbringen. Uns ist aber klar, dass das sanft und wohl überlegt geschehen muss. Es geht nicht um radikale Veränderungen, sondern um kleine Schritte, kleine Neuerungen, die die Qualität des Brunello immer weiter verbessern,“ bringt es Giovanni Neri auf den Punkt. Die ist Geschichte des Brunello ist relativ jung. Erst 1967 schlossen sich zwei Dutzend Betriebe zum „Consorzio del Vino Brunello di Montalcino“ zusammen. Viele Jahrzehnte vorher war der Name Brunello di Montalcino ausschließlich von der Familie Biondi Santi in die Welt hinausgetragen worden. In den letzten beiden Dekaden des vergangenen Jahrtausends boomte dann Montalcino und heute gibt es 208 Produzenten. In vielen Betrieben ist in den letzten Jahren eine junge Generation herangewachsen, die ihren berühmten Vätern nachfolgen.
Casanova di Neri liegt am Osthang von Montalcino, besitzt aber auch Weinberge im Süden bei Castelnuovo dell’Abate. Aus den dortigen Weingärten stammt der Brunello „Tenuta Nuova“. Giovanni Neri, Jahrgang 1991, studierte Weinbau und Kellerwirtschaft in Siena und arbeitet seit 2012 im Betrieb. „Für mich war es immer klar, dass ich eines Tages im Familienbetrieb mitarbeiten werde. Mein Großvater, kaufte 1971 das Anwesen und begann, eigenen Wein zu erzeugen. Mein Vater Giacomo machte Casanova dann weltbekannt.“ Giovannis jüngerer Bruder Gianlorenzo arbeitet ebenfalls im Betrieb mit. Er kümmert sich um das Büro und betreut das neue Wein-Relais der Familie. Neben dem Brunello „Casanova di Neri“ und dem „Tenuta Nuova“ erzeugt das Weingut mit dem „Cerretalto“ einen herausragenden Lagen-Brunello. Giovanni Neri ist begeistert von seinem Beruf. „In einem Jahr denkst du, nun endlich alles verstanden zu haben. Die Witterung im folgenden Jahr aber stellt sich dann vor völlig neue Herausforderung. Es bleibt immer spannend.“ Und wie läuft die Zusammenarbeit mit Vater Giacomo? Der hätte ihm immer viel Freiraum gewährt. Auf seine Anregung hin wurde vor einigen Jahren ein Gerät für die optische Traubenselektion angekauft. Eine teure Investition, die sich aber schon jetzt bewährt habe, meint Giovanni Neri zufrieden. Amedeo Cencioni vom Weingut Capanna ist mit Jahrgang 1986 der älteste unter den Jungen. Er studierte Önologie in Turin. „Hier zu arbeiten, ist für mich der schönste Beruf der Welt.“ Capanna wurde vor 60 Jahren gegründet und zählt zu den ältesten Betrieben von Montalcino. Er befindet sich am Nordhang und umfasst 25 Hektar. Amedeo Cencioni will den traditionellen Stil der beibehalten. „Beim Brunello wird an der langen Lagerung im großen Holzfass nicht gerüttelt.“ Einige Neuerungen wie den wundarmen Rebschnitt und die Dauerbegrünung konnte er umsetzen. Anderes, das er an der Universität gelernt hatte, musste er wieder revidieren. „Mein Vater mit seiner reichen Erfahrung holte mich da immer wieder auf den Boden der Realität zurück.“ Francesco Ripaccioli, Jahrgang 1987, zeichnet seit 2007 für Canalicchio di Sopra verantwortlich. Sein Großvater, bis dahin die Seele des Betriebes, hatte gesundheitliche Probleme. So hing Francesco sein Wirtschaftsstudium an den Nagel und krempelte die Ärmel hoch. „Ich bin am Weingut aufgewachsen und für mich war es immer klar, dass ich eines Tages den Familienbetrieb weiterführe.“ Canalicchio di Sopra liegt im Nordosten. Die Weinberge verteilen sich auf zwei Lagen: Canalicchio rund um den Keller und Montsoli weiter im Norden. Francesco Ripaccioli erhält mittlerweile Unterstützung von seinen jüngeren Geschwistern. Während er für Keller und Verkauf zuständig ist, versieht sein Bruder die Arbeiten im Weinberg und seine Schwester kümmert sich um die. Auf Canalicchio di Sopra wird ausschließlich Sangiovese angebaut. „In einem kleinen Gebiet wie Montalcino kann ich mit einer einzelnen Rebsorte am besten die Lagenunterschiede herausarbeiten,“ ist Francesco überzeugt. Konsequenter Weise gibt es ab den Jahrgang 2015 neben dem Brunello Canalicchio auch den großartigen Lagenwein La Casaccia. Giacomo Bartolommei, Jahrgang 1991, ist seit 2011 im Weingut Caprili tätig. „Für mich wurde erst nach dem Studium – Önologie und Wirtschaftsinformatik – klar, dass ich in den elterlichen Betrieb zurück will.“ Er betreut den Keller, seine Informatik-Kenntnisse kann er nun im Büro gut umsetzen. Caprili wurde von Urgroßvater Alberto 1955 erworben. Er pflanzte einen Hektar aus denen heute die Trauben für die Riserva AdAlberto kommen. Neben Sangiovese pflanzte Giacomo in den vergangenen Jahren auch weißen Vermentino aus. Giacomo Bartolommei konnte auch andere Veränderungen im Betrieb realisieren: „Den Rosso di Montalcino geben wir nun in etwas kleinere Gebinde, bei Brunello und Brunello Riserva hingegen verwenden wir ausschließlich große Fässer mit 50-60 Hektoliter. Auf meine Anregung hin kauften wir ein Gerät für die optische Traubensortierung. Meine Idee für einen Lagen-Brunello ist innerhalb der Familie allerdings noch nicht auf allgemeine Zustimmung gestoßen. Das bleibt ein Projekt für die Zukunft.“ Alex Bianchini, Jahrgang 1989, ist seit drei Jahren im elterlichen Weingut Ciacci Piccolomini tätig und leitet dort die Produktion. 1955 erbte Großvater Giuseppe das Gut in Castelnuovo dell’Abate von der Gräfin Ciacci Piccolomini. Er vergrößerte es ständig und aus den 6 Hektar von einst wurden 55. Es gehe um die bestmögliche Interpretation des Terroirs so Alex Bianchini. „Kleine Änderungen und Verbesserungen sind gewiss einzubringen, der Stil muss aber so erhalten werden. Bei Brunello heißt das für mich die ausschließliche Lagerung im großen Holzfass.“ Das bedeutet aber nicht, nur das Bekannte weiterführen. „Wir haben die Beerenselektion deutlich verbessert. Ich experimentiere auch mit Vergärung im Holzfass. Mal schauen, was daraus wird.“ Zudem ist Alex Bianchini für die Umstellung des Betriebes auf Bio verantwortlich. „Für die Zukunft gibt es nur einen Weg: Qualität, Qualität, Qualität.“ Mit diesen begeisterten jungen Menschen, die wissen was sie am Brunello haben, die aber auch wissen, dass an stetiger Innovation kein Weg vorbeiführt, ist die Zukunft des Brunello gesichert.