Due parole: "Cin Cin"
Es passiert nicht oft, dass man genügend Zeit hat für einen Deep-Focus eines Weinguts. Dies betrifft sowohl den Unterfertigen, als auch die Winzer. Das verrückte daran ist, dass je geographisch näher das Weingut liegt, desto unwahrscheinlicher ist das Gelingen eines solchen Treffens. So war es umso erleichtender, als wir es nach langem hin und her geschafft haben, Ferrari-Trento einen ausgedehnten Besuch abzustatten.
Marcello Lunelli trifft es gleich auf den Punkt, als er uns beim willkommen heißen entgegenschmunzelt: "Mit dem Papst findet man leichter einen Termin! Ihr seid schlimmer als meine Kusinen." Von den Lunelli-Kusinen gibt es vier (Matteo, Camilla, Marcello und Alessandro) und sie sind alle im familieneigenen Unternehmen Gruppo Lunelli tätig. Zur Gruppe gehören die Marken Ferrari Trento (Schaumweine Trentino), Bisol (Prosecco, Valdobbiadene), Tenuta Castelbuono (Umbrien), Tenuta Podernovo (Küste Toskana), Tenuta Margon (Stillweine, Trentino), Acqua Surgiva (Mineralwasser), Segnana (Grappa) und seit Kurzem die italienische Traditionsmarke Cedral Tassoni (Softdrinks seit 1793, Salò), sowie das Sternelokal Locanda Margon bei Trient.
Othmar und mich erwartet ein tolles Tasting verschiedenster Sekte aus dem Hause Ferrari, ältere Jahrgänge inklusive. Am Verkostungstisch sitzen wir nicht allein: Marcello und Exportmanager Matteo verkosten mit uns mit. Besonders toll und lehrreich ist die Anwesenheit von Keller- und Sekt(groß)meister Ruben Larentis, der sich seit über 30 Jahren (!) für die Qualiätsproduktion von Ferrari-Sekten verantwortlich zeigt. Dieser Mann ist einen wandelnde Bibliothek und in Italien gibt es (wahrscheinlich) keinen Zweiten, der ein so großes Wissen über Bubbles besitzt wie er.
Am Tag unseres Treffens ist er etwas müde. Die Ernte ist dieses Jahr besonders intensiv, bei Ferrari ist man fast fertig. Die Augenränder bestätigen: nicht nur mit der Ernte. Dennoch lässt Ruben es sich nicht nehmen mit uns zu verkosten und stundenlang über die verschiedenen Jahrgänge und deren Entwicklung in der Flasche zu sinnieren. Ein tolles Erlebnis, wofür ich ewig dankbar sein werde.
Ihr wollt wissen, was wir verkostet haben? Dann scrollt mal durch die Bilder hier oben, da findet ihr das Verkostungs-Menü. Definitive Highlights in den kleinen Vertikalen waren Giulio Ferrari 2007, Perlé Bianco 2007, Perlé Zero Cuvée 2010 und Perlé Nero Riserva 2008. Später beim Dinner in der Locanda Margon stach die Giulio Ferrari Collezione 2000 besonders hervor. Ein Monument.
Tipp: Generell ist das Jahr 2007 im Hause Ferrari besonders hervorzuheben, da exzellent in Trunk, Harmonie und Länge. Kauft alle Flaschen, die ihr finden könnt! ;-)
Auf Alfio Ghezzi folgt Edoardo Fumagalli. Ein mehr als würdiger Erbe.
Ein durch und durch junges Team. Das fällt sofort auf, sobald man die Türschwelle der Locanda Margon überschreitet. Nicht nur in der Küche, ebenso im Service rund um Maître-Sommelier Aleksandar Valentinov Nikolaev, finden sich motivierte und sympatische 30jährige Frauen und Männer, die die Gäste professionell und mit Schmiss bewirten. Die Küche von Chef Edoardo Fumagalli ist kreativ, präzise, farbenfroh und schmackhaft. Die Bilder sagen wieder mehr aus tausend Worte.
Wir hatten einen tollen Abend, mit viel Gelächter und Witz. Auch dank unseren bodenständigen Tischpartner Alessandro und Marcello Lunelli. Vom Spirit her fühlt man sich wie in einer einfachen Locanda, nur, dass man mit einer Küche der Extraklasse verköstigt wird und punktuell serviert wird. Von den tollen Schaumweinen ganz abgesehen.
Alessandro Lunelli zeigt uns, was die Lunellis in Mittelitalien an der toskanischen Küste und in Montefalco in Umbrien produzieren.
Rotweine. Sie produzieren Rotweine. Gleichzeitig haben sie auf ihrer Tenuta Castelbuono eine blickfangende Kellerei vom italienischen Stararchitekten Arnaldo Pomodoro erbauen lassen, den sogenannten Carapace.
Einem Schildkrötenpanzer nachempfunden, thront die Tenuta Castelbuono über die prächtigen Hügel des Anbaugebiets von Montefalco. Die Weine, die die Lunellis dort produzieren, haben in den letzten Jahren beachtlich an Qualität und Harmonie zugenommen - das gefällt uns sehr! Dass das Gebiet ein generelles Identätisproblem hat, lassen wir mal außen vor und konzentrieren uns auf die edlen Tropfen. So springen wir zur Tenuta Podernovo an die Küste Toskana. Mit der Hilfe von Luca d'Attoma, einer der berühmtesten beratenden Önologen Italiens, produziert die Tenuta Podernovo erdige und (sehr) kernige Rotweine. Leider sind uns diese Weine zu wuchtig und unausgewogen. Kurzum: Sie erschließen sich uns nicht ganz. Es scheint fast, als hinke die Tenuta Podernovo - im Vergleich zu den anderen Tenute - hinterher. Das ist nicht weiter schlimm, denn wenn es Luft nach oben gibt, ist die Entwicklung oft sehr vielversprechend. Wäre ja noch schöner, wenn den Lunellis überall alles auf Anhieb gelingt! ;-P
Ein Besuch bei Ferrari-Trento ist ein Gesamterlebnis, welches im Haupsitz beginnt und in der Locanda Margon endet. Wehe dem, der sich dafür nicht die Zeit nimmt