Ein kulinarischer Wineline-Ausflug in die Miil
Wir schlendern leichtfüßig durch den Hinterhof der Miil, sind ganz angetan von der gemütlichen Atmosphäre, es ist 20 Uhr, alle Tische sind schon besetzt. Unter einem schwebenden Sonnenschirm in den Lauben dürfen wir platznehmen, recht modern im Stil mit verspielten Details. Kaum am Tisch nehmen wir erst mal einen großen Schluck Wasser, es gab nämlich schon einen kleinen Aperò in der Wineline, also fangen wir einfach mal vorne an:
Auf einen schnellen Aperò in der Wineline
Ein Aperitif im Zirkel der Genussfreaks kann schon mal so aussehen. Erst mal Champagne - offiziell nicht existent. Rosé 2008 von Legras & Haas mit viel Spannung und präzisem Säurespiel, sehr erfrischend. Dann Ornellaia Bianco, schon seit längerem 'coraviniert' (gibt es dieses Wort schon?), keiner hätte ihn übrigens als solchen erkannt. Verkostet wird in der Wineline natürlich alles blind. Etwas Rotes ging sich auch noch aus, der Riegelberg leider mit zartem Kork, ja auch das gehört dazu, aber es gab sofort Ersatz: G.Punto 2019. Richtig abgefahren vom Stil, ein reinsortiger Grenache, der sich im Geschmack echt auszeichnete, mit feinen Würznoten, sehr vielschichtig. Der Sieger des Aperòs allerdings ein Weißer, weiß war er nicht, eher satt und goldgelb in der Farbe, für diesen Jahrgang eine richtig schöne Flasche (in diesem gab es große Korkprobleme) des1998ger Hochrain von Franz Hirtzberger aus der Wachau, reife Pfirsiche und Marillen, Nüsse und einen Touch Honig, viel Saft, noch sehr Frisch, gut integrierte Botrytis, mit Zug schleift er durch den Gaumen. Die gute Unterhaltung lässt die Zeit wie im Flug verstreichen, so jetzt aber los, wir wollen doch in die Miil.
Aperó die Zweite
Dieser Aperó nach dem Aperó verdient einen eigenen Abschnitt. Es gibt Austern: mehr als frisch, bissfest, cremig, schmelzig so wie man sie eigentlich nur im Village Ostréicole de l'Herbe in Bordeaux bekommt, einmal natur und einmal verfeinert mit einem Hauch Meerretich, sehr erfrischend. Dazu gab's klassisch Champagne, vom Stil her nicht ganz so klassisch, Millésime 2009 von Jacque Selosse, leicht oxidativ angehaucht, trotzdem sehr geradlinig und präzise, salzig (!), was für ein Auftakt.
Jetzt geht es aber richtig los, ein Meer aus kleinen Feinheiten, Holzkisten, Steinplatten, Bretter, Teller aus verschiendsten Materialien zieren den Tisch. Zu probieren gab es fünf verschiedene Genuss-Häppchen, wobei jedes davon ein eigenes Geschmacks-Erlebnis war.
Eigentlich besteht der Abend nur aus Highlights aber dieser Wein-Flight lässt kein Auge trocken, 3 verschiedene Weinbauzonen, 3 verschiedene Stile, 3 wahre Größen. Percarlo 2010, Baron Pichon Longueville 2005 und Unico 2006, Toskana, Bordeaux und Ribera begleiten ein cremiges Risotto und daraufhin ein feines Stück Filet, wobei man sich nicht entscheiden konnte, welcher der Weine jeweils die Nase vorne hat beim Pairing.
"Champagne öffnet den Magen, schließt ihn aber auch, und lässt Dich nicht in die 'Essens-Narkose' fallen, aber vor allem beruhigt er den vollen Magen", dieser weise Satz von Winzer Pascal Doquet bewahrheitet sich auch heute wieder. Nach einem fluffigen Schoko-Törtchen sitzen wir um Mitternacht gut gefüllt, glücklich und etwas träge noch immer bei herrlich lauen Temperaturen und heißen Diskussionen über Bordeaux als Weinbauregion unter den Lauben.
Der Abschluss: Für die Magnum Champagne waren die Augen zu dieser Stunde wohl größer als der Durst. :-)
Was für ein Erlebnis - must try!