NIZZA DOCG - EINZIGARTIG!
Der tiefdunkle Rote aus den Hügeln des Monferrato im Piemont ist Ausdruck eines besonderen Gebietes, einer besonderen Kultur und einer besonderen Tradition – einzigartig eben!
NIZZA
Nein, der Name bezieht sich nicht auf die bekannte Hafenstadt in Südfrankreich, sondern auf einen Flusslauf, der sich durch die Hügel des Monferrato, eines malerischen Landstrichs südöstlich von Asti im Piemont schlängelt. Die Hügel hier sind traditionelles Weinbauland, angebaut wird vorwiegend jene Sorte, die im gesamten Piemont am meisten verbreitet ist: Barbera. Im Unterschied zu den etwas südlicher gelegenen Langhe um Alba, sind die Böden des Monferrato geologisch einheitlicher und vornehmlich von sandigen Ablagerungen geprägt. Die Hügel erstrecken sich in Höhenlagen von 150 – 350 Meter, die Landschaft ist offener, die Lichtintensität höher. Unter Kennern galt der Landstrich um die Kleinstadt Nizza Monferrato schon lange als Kernzone für besten Barbera. Mit Beginn des Jahrtausends wurde daher die Sub-Zone »Barbera d’Asti DOC Superiore Nizza« ausgewiesen. Damit wurden die Eigenheiten des Weines aus diesem Gebiet anerkannt.
DOCG
2014 wurden die Bestimmungen für NIZZA DOCG erlassen. Bewusst wurde dabei auf die Sortenbezeichnung Barbera verzichtet. Es sollte und soll klar zum Ausdruck kommen, dass dieser Wein Frucht eines besonderen Gebietes, mit einer besonderen Kultur und einer besonderen Tradition ist. Das Gebiet wurde klar umrissen. Neben dem Hauptort Nizza Monferrato umfasst es 17 weitere Gemeinden. Der zulässige Höchstertrag wurde konsequent runtergesetzt auf 7 t/ha. Handelt es sich um einen Nizza mit Lagenangabe, so ist der Ertrag auf 6,3 t/ha begrenzt. Eine Besonderheit gibt es auch hinsichtlich der Sortenzusammensetzung. Während bei allen anderen Barbera-Denominationen 85% Minum an Barbera gefordert sind, muss ein NIZZA DOCG zu 100% aus Barbera bestehen. Es gibt den Wein in zwei Varianten: ein NIZZA DOCG reift mindesten 18 Monate, davon mindesten 6 im Holzfass, ein NIZZA RISERVA DOCG reift 30 Monate und verbringt mindesten 12 davon im Holz.
Der Geschmack des NIZZA DOCG
Und wie schmeckt er nun, der NIZZA DOCG? Einzigartig, soviel steht fest! Er funkelt als junger Wein Rubin-Violett im Glas, duftet nach dunklen Kirschen, Zwetschken und oft auch einem Hauch dunkler Schokolade. Er ist füllig aber auch elegant, ist konsequent trocken und zeigt geschmeidiges Tannin. Charakteristisch ist immer auch eine akzentuierte Säure. Die gibt dem Wein Frische und Schliff, lassen ihn saftig über den Gaumen gleiten. So mundet NIZZA DOCG vorzüglich zu Salami oder Rohschinken, passt aber auch zu Thunfisch, Lachs oder Pizza, und großartig ist er zu traditionellen geschmorten Fleischgerichten der piemontesischen Küche. Versuchen Sie einen NIZZA DOCG und lassen Sie sich von neuen Geschmackserlebnissen verführen!
Die Nizza-Vereinigung
Es gibt derzeit rund 100 Produzenten, die NIZZA DOCG erzeugen, 75 von ihnen haben sich unter der Obhut der lokalen Winzervereinigung »Consorzio Barbara d’Asti e Vini del Monferrato« zur »Associazione Produttori del Nizza« zusammengeschlossen. Die Vereinigung hat sich zur Aufgabe gesetzt, die Qualität des NIZZA DOCG zu fördern und ihn weltweit bekannt zu machen. Dazu organisiert sie immer wieder besondere Tastings, bei denen auch Weine aus älteren Jahrgängen ausgeschenkt werden. Das können faszinierende Tropfen sein.
Die Winzer
Michele Chiarlo zählt zu den Renommierbetrieben im südlichen Piemont. Chiarlo ist auch in den Langhe präsent, wo der Betrieb ausgezeichnete Barolo und Barbaresco erzeugt. Der Stammsitz des Hauses aber liegt in Calamandrana bei Nizza. Für Barbera und Nizza schlägt auch das Herz von Stefano Chiarlo, der gemeinsam mit seinem Bruder Alberto heute den Betrieb leitet. Stefano Chiarlo hat das Projekt Nizza stets vorangetrieben und ist derzeit auch Präsident der Vereinigungen. Mit dem I Cipressi erzeugt Chiarlo den zahlenmäßig wichtigsten aller Nizza. Hinzu kommen der Nizza Riserva La Court und der Nizza Riserva Vigne Veja, eine Selektion der ältesten Rebstöcke. Ab Herbst 1922 ergänzt ein vierter Nizza, der Montemario die Palette. Ebenfalls zu den Gründervätern des Projekt Nizza ist das Weingut Olim Bauda in Incisa Scapaccino. Das Weingut wurde von Giovanni Bertolino in den 1950er Jahren gegründet. Heute zeichnen dessen Kinder Diana, Gianni und Dino verantwortlich, die ihm auch den Namen Olim Bauda gaben. Die Weine von Olim Bauda zeichnen sich durch große Langlebigkeit aus. Davon konnte ich mich bei einer Verkostung am Weingut von alten Jahrgängen zurück bis in die 1990er Jahren überzeugen. Die alten Barbara waren beeindruckend! Im Gebiet gibt es nicht nur eigenständige Winzerbetriebe, es gibt auch viele kleine Weinbauern mit nur wenig Fläche, für die sich eine eigene Produktion nicht lohnen würde. Viele dieser kleinen, engagierten Weinbauern sind in der Winzergenossenschaft Vinchio Vaglio zusammengeschlossen, eine Kooperative, die sich dem qualitätsvollen Barbara verschreiben hat. 1959 wurde Vinchio Vaglio von einer Hand voll Weinbauern aus den Ortschaften Vinchio und Vaglio Serra gegründet. Heute zählt die Kooperative über 2.000 Mitglieder, 95 Prozent der Produktion wird gefüllt, eine große Ausnahme für Kooperativen, die sonst viel Offenwein verkaufen. Der Nizza Laudana, den Vinchio Vaglio erzeugt, ist eine Selektion aus drei Weinbergen mit besonders alten Rebstöcken. Das Haus Bersano am Bahnhof von Nizza Monferato zählt mit Gründungsjahr 1907 zu den traditionsreichsten Betrieben des Gebietes. In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg übernahm Arturo Bersano die Leitung des Familienweingutes. Von Beruf Rechtsanwalt, zeigte er aber auch als Weingutsleiter viel Geschick und machte Bersano zu einer der bekanntesten Marken Italiens. Getreu seinem Motto: »Willst du guten Wein erzeugen, musst du gute Weinberge besitzen,« erwarb er zu einer Zeit Weinberge, als die meisten anderen bekannten Betriebe noch reine Handelshäuser waren. In den 1970er Jahren übernahm die Familie Massimelli den Betrieb. Die mittlerweile auf über 200 Hektar angewachsenen eigenen Weinberge sind aber immer noch das große Kapital von Bersano. Der Nizza von Bersano entstammt dem Bersano-Gut „La Generala“.
Neue Investoren
Der Erfolg des Nizza – und wohl auch die hohen Preise, die man mittlerweile für Weinberge in den Langhe bezahlen muss – hat auch einige bekannte Barolo-Winzer dazu gebracht, Weingüter in Nizza zu erwerben. Einer davon ist Stefano Gagliardo, der mit seinem Vater das bekannte Weingut in La Morra betreibt. 2017 erstanden die Gagliardo die Tenuta Garretto bei Nizza Monferrato. Stefano kannte den Sohn des Vorbesitzers von der Schulzeit her, so hat er erfahren, dass das Weingut zum Verkauf stand. Und sofort zugeschlagen. Die Weingärten wurden auf biologische Bewirtschaftung umgestellt, auch einige andere Kleinigkeiten wurden verändert, im Großen und Ganzen aber die Produktion so weitergeführt. Stefano Gagliardo ist hellauf begeistert von Nizza. »Die Böden hier sin homogener als in den Langhe; die Hügel sind sanfter, die Landschaft offener, die Lichtintentensität höher.« Am Barbera aus Nizza begeistert ihn die Salzigkeit und auch die höhere Säure, die er im Vergleich zu Barbera aus Alba hat. Die verleiht dem Wein größere Spannung, gibt ihm auch Langlebigkeit. Stefano Gagliardo gibt unumwunden zu: »Nizza kann besser reifen als Barolo!«. Das ist eine Ansage. Curt Frasca ist erfolgreicher Musikproduzent in New York. Wie sein Name klar zum Ausdruck bringt, hat er italienische Wurzeln und war immer wieder in den Ferien in Italien. Dabei verschlug es ihn auch nach Nizza Monferrato, eine Landschaft, wie er sagt, die ihn sofort in den Bann schlug. Ebenso wie der Barbera, der ihn mit seiner Klarheit und Direktheit begeisterte. Vor vier Jahren beschlossen die Frasca, ein Weingut hier zu erwerben. Das Herzstück von Frasca ist das Weingut La Guaragna vor den Toren von Nizza Monferrato, das gerade einer großen Renovierung unterzogen wird. Es soll später als Besucherzentrum dienen. Neben Weinbergen um Nizza hat Curt Frasca auch Lagen in Agliano erworben, insgesamt sind es mittlerweile 22 Hektar. Mit Matteo Gerbi als Önologe der sein Handwerk bei Bruno Giacosa erlernte und Federico Rovioli im Verkauf hat Curt Frasca ein dynamisches Team um sich geschart. 2019 war der erste Jahrgang, der präsentiert wurde. Fassproben vom hervorragenden Jahrgang 2021 zeigten sich sehr vielversprechend. Frasca ist sicher ein Name, den man sich für die Zukunft merken muss.
Im hohen Süden
Das Weingut Beppe Marino liegt in Santo Stefano Belbo. Das ist klar außerhalb des Nizza-Gebietes und ausgesprochenes Moscato-Land. Auch bei Maurizo Marino bestreitet Moscato den Löwenanteil der Produktion. Der Nizza-Weinberg kam als Erbstück seiner Mutter in die Familie. Der kleine Weinberg mit lediglich vier Rebzeilen – daher der Name Quattro Filari – besteht aus alten Stöcken, aus den Marino einen hervorragenden Nizza erzeugt. Sehenswert ist auch der Betrieb von Marino, der in einem ehemaligen Nonnenkloster untergebracht ist. Castel Boglione liegt im Süden des Anbaugebietes, die Hügel sind hier schon etwas höher und stärker mit Kalk durchsetzt. Gianluca Morino und seine Frau betreiben das Weingut Cascina Garitina in fünfter Generation. Morino erzeugt insgesamt acht verschiedenen Barbera und war vom Projekt Nizza von Beginn an überzeugt. Daher führt er auch gleich vier davon im Programm. Die drei Lagen-Nizza – Margherita, Vegia und Cec – werden alle gleich verarbeitet und sind ein gutes Beispiel, für den unterschiedlichen Ausdruck der Lagen. Die Riserva 900 ist eine Selektion aus alten Weinbergen und kommt erst nach sechs Jahren Reife auf den Markt. Gianluca Morino ist begeistert von Barbera und liebt dessen Frucht. Um die zu schützen, hat er 2017 einen radikalen Schritt getan und verschließt seit damals all seine Weine mit Schrauber – auch die Top-Weine. Im verschlussmäßig sehr konservativen Italien ein mutiger Schritt. Er hat sich aber ausgezahlt, gesteht Merino ein.
Schlemmerlandschaft mit Trüffel
Auf den Hügeln rund um Nizza Monferrato wird nicht nur exzellenter Wein angebaut, kann man nicht nur in bodenständigen Trattorie herzhafte Gerichte genießen und eine wunderbare Hügellandschaft betrachten, im Herbst wächst hier auch die begehrte weiße Trüffel, die Punkte Qualität jener um Alba in nichts nachsteht. Doch, einen Unterschied gibt es: die Preise liegen hier deutlich niedriger. Alles in allem also eine Reihe gewichtiger Gründe, die nächste Piemont-Reise ins Gebiet um Nizza Monferrato zu planen!