Top 10: Piemont
Giacomo Contero, Monforte
Um 1.000 über Euro wird derzeit eine Flasche Barolo Monfortino gehandelt. Damit ist der Monfortino endgültig in den erlauchten Kreis der Kultweine eingetreten. Erzeugt wird der Monfortino am Weingut Giacomo Conterno, das von Roberto Conterno in dritter Generation geführt wird. „Mein Großvater Giacomo erzeugte erstmals 1924 einen Monfortino. Seine Idee war, aus selektionierten Trauben einen langlebigen Barolo zu machen“, erzählt Roberto Conterno. Wie damals üblich, stammten die Trauben nicht aus eigenen Weinbergen, sondern wurden von Weinbauern in Ort zugekauft. Der Name Monfortino ist geblieben, geändert hat sich die Herkunft der Trauben. 1974 erwarb Robertos Vater Giovanni Weinberge in der Lage Francia in Serralunga. Von 1978 bis 2014 stammten die Trauben für den Monfortino alle aus dieser Monopol-Lage. 2008 erwarb Roberto Weinberge in der Lage Cerretta und 2015 schließlich in der Lage Arione. Insgesamt 23 Hektar, alle in der Gemeinde Serralunga, die bekannt dafür ist, dass von dort die strukturiertesten und langlebigsten Barolos kommen. Nach langer Maischestandzeit reift der Wein in großen Holzfässern. Wie lange? Das kommt auf den Jahrgang an, in der Regel acht Jahre, manche länger, manche kürzer. Der 2013 wird schon diesen Herbst abgefüllt, reift dann länger in der Flasche und kommt im November 2019 in den Handel. 6-10.000 Flaschen werden vom Monfortino in der Regel erzeugt. Was ist so besonders am Monfortino? Er hat tolle Dichte und Komplexität, wirkt dabei nie überladen oder zu üppig; hat große Länge und trinkt sich einfach gut – jung und noch besser gereift. Neben dem Monfortino gibt es noch drei andere hochklassige Barolos aus dem Hause Giacomo Conterno: Francia, Cerretta und ab dem Jahrgang 2015 Arione.
Gaja, Barbaresco
Le Roi, der König, wird er von anderen respektvoll genannt. Auch mit 78 Jahren strotzt Angelo Gaja vor Elan und Eloquenz. Eine beeindruckende Persönlichkeit. So wie die Weine von Gaja. Die sind immer eine Spur eleganter eine Spur geschliffener als die anderen. Woran liegt das? „Wir machen im Grunde genommen nichts anderes als alle anderen. Vielleicht legen wir in jeden Verarbeitungsschritt aber eine Prise mehr Präzision, einen Tick mehr Sorgfalt. Die Summe all dieser kleinen Nuancen macht dann den Unterschied,“ erklärt Angelo Gaja entspannt. Die Grundlagen, so sagt er, legten bereits sein Großvater und sein Vater. Angelo stieg 1961 in den Betrieb ein. Sein Ehrgeiz war es, dem Barbaresco, der sonst immer im Schatten des Barolo steht, eine gleichwertige Stellung zu verleihen. Mit seinen Barbaresco’s, vor allem mit den drei Lagenweinen Costa Russi, Sorì Tildin und Sorì San Lorenzo hat er das eindrucksvoll geschafft. Aber auch der Barolo Sperss, der Darmagi aus Cabernet Sauvignon oder der Chardonnay Gaia & Rey sind großartige Weine. Angelo Gaja ist ein begnadeter Kommunikator. Er bereiste die ganze Welt, eröffnete neue Märkte und machte seine Weine und die Langhe bekannt. Eine Zeit lang schien es bei Gaja nur Angelo zu geben und man fragte sich schon, ob seinen Kindern, Gaia, Rosanna und Giovanni diese Schuhe nicht zu groß sein würden. Als weitblickender Unternehmer erkannte Papa Angelo die Gefahr und begann vor zehn Jahren seine Kinder in den Betrieb zu integrieren. Gaia Gaja kümmert sich um die Auslandsmärkte, Rosanna, studierte Önologin, überwacht die Produktion und Nachzügler Giovanni wurde nach dem Studium gleich zur weiteren Lehre zu befreundeten Produzenten und Händler in die Welt hinausgeschickt. Die fünfte Generation sitzt bei Gaja also schon fest im Sattel und Angelo kann sich entspannt
Elio Altare, La Morra
Elio Altere wuchs am Bauernhof in Annunziata, einem Ortsteil von La Morra auf. Sein Vater war Weinbauer, er wollte das auch werden. Beinahe hätte die Nachfolge nicht geklappt. Wie damals üblich, verkauften die Altare’s den größten Teil ihrer Trauben an Händler. Dafür gab es nur lausiges Geld. Elio Altare hörte von Burgund und von den Preisen, die diese Weine erzielten. Er fuhr hin, besuchte Weingüter und parkte verwundert seinen armseligen Fiat 500 neben den schnittigen Coupes der Burgunder Winzer. „Wie können die so viel Geld für ihren Wein bekommen? Was machen die anders?“ Einer gab ihm einen Tipp: „Unsere Weine sind trinkiger und eleganter, eure sind viel zu streng.“ Zurückgekehrt war Elio Altare von der Vision beseelt, einen eleganten, schon früher trinkreifen Barolo zu kreieren. Als sein Vater ihn sah, wie er die großen alten Holzfässer im Keller durch Barriques ersetzte und im Weingarten einen großen Teil der Trauben runter schnitt war er überzeugt, sein Sohn sei verrückt geworden und vermachte den Hof seinen Töchtern. Erst Jahre danach gelang es Elio, alles wieder zurück zu kaufen. Von Traditionalisten wurde Altare vorgeworfen, er würde den Barolo zerstören, seine Weine seien nicht langlebig. „Mag sein,“ antwortete er „ dass meine Weine nicht so langlebig wie eure sind, dafür aber werden sie getrunken – im Gegensatz zu euren.“ Seine Barolos aus den Lagen Arborina, Cannubi und Ceretta sind weich und geschmeidig und fließen förmlich über die Zunge. Und sie sind auch langlebig. Bei Elio klappt die Nachfolge besser als bei seinem Vater. Tochter Silvia verrichtet mittlerweile den Großteil der Arbeiten am Weingut und Elena führt einen eigenen Weinhandel in Deutschland.
Roberto Voerzio, La Morra
„Ich bin Weinbauer. Zwischen meinen Reben fühle ich mich am wohlsten“, gesteht Roberto Voerzio. Von mondäner Präsentation hält der in die Jahre gekommene Sonnyboy aus La Morra nicht viel. Mit 2 Hektar begann er 1986 eigenen Wein zu erzeugen. Zu dieser Zeit brodelte es in den Langhe, in den Kellern und außerhalb. Die „Barolo Boys“, eine neue Generation von Winzern, waren angetreten, dem Barolo ein moderneres Image zu geben. Roberto Voerzio ging aber schon bald seinen eigenen Weg, er wollte sich nicht ins Schema Modern/Traditionell pressen lassen. Viel mehr als auf den Keller konzentrierte er sich auf den Weinberg. Seine Weinberge sind so dicht gepflanzt wie keine anderen und in den Spitzenlagen liegen die Erträge bei verschwindenden 500 g pro Weinstock. Spontanvergärung war bei Roberto Voerzio schon an der Tagesordnung lange bevor das hip wurde; die Weine reifen in Barriques, in den letzten Jahren zunehmend auch im mittelgroßen Holzfass. Voerzios Weine begeistern durch Geschmeidigkeit und Dichte. Das Ganze hat leider auch seinen Preis: Roberto Voerzios Weine gehören zu den teuersten des Gebietes. In den Anfangsjahren erzeuge er Barolos aus den Lagen Cerequio, Brunate und La Serra. Heute gehören 20 Hektar zum Betrieb mit Weinbergen in allen großen Lagen von La Morra. In Spitzenjahren sind das sieben verschiedene Barolo die – bei gleicher Verarbeitung im Keller – alle unterschiedlichen Ausdruck haben. Das ist Terroir!
Poderi Aldo Contero, Monforte
Ein Chateau in den Langhe. Jeder, der schon mal die Landstraße von Castiglione Falletto nach Monforte gefahren ist, zeigt sich beeindruckt von Keller und Betriebsgebäude von Aldo Conterno. Wenngleich die meisten es nur von außen sehen. Ganz im Stil französischer Chateaux ist es für Besucher in der Regel verschlossen. Aldo Conterno war der jüngere Sohn von Giacomo Conterno in Monforte. Ende der 1960er wollte er sich selbständig machen. Er kaufte das Landhaus „Il Favot“ und gründete die „Poderi Aldo Conterno“. Heute leiten seine Söhne Franco, Stefano und Giacomo den Betrieb. „Wein ist für mich etwas ganz Eigenes, fast Intimes“, meint Giacomo, der Jüngste der drei, der sich vor allem um die Weinberge kümmert. Im Unterschied zu vielen anderen Winzern in den Langhe, die seit den 1990er Jahren sich ständig vergrößert haben, bearbeitet man bei Aldo Conterno nach wie vor die gleichen Flächen: 20 Hektar. Die erzeugte Menge hat sich sogar auf ein Drittel von damals reduziert. „Menge interessiert uns nicht, wir wollen Qualität!“ stellt Giacomo Conterno unmissverständlich klar. Der Reichtum von Aldo Conterno liegt in den Lagen, die sich alle innerhalb der Großlage Bussia in Monforte befinden: Colonello, Cicala und Romirasco. Der Boden im Colonello enthält mehr Sand und Magnesium. Das verleiht dem Wein frische Frucht und Saftigkeit. Cicala enthält mehr Tuff, die Wurzeln reichen tiefer. Dem Wein bringt das mehr Würze und Salzigkeit. Die Böden im Romirasco wiederum enthalten mehr Mangan und Magnesium. Die Weine zeichnen sich aus durch feine Würze, besitzen großen Dichte, brauchen aber länger, um rauzukommen. In den besten Jahren kommt zu diesen drei Lagen-Barolo noch der Granbussia hinzu, eine Selektion der besten Trauben aus den drei Lagen. Ein langlebiger, einzigartiger Wein, ein Genuss!
Giuseppe Rinaldi, Barolo
„Citrico“ – der Ätzende – wurde er genannt, Giuseppe (Beppe) Rinaldi, Winzer in Barolo. Dabei hatte er selbst kaum etwas Ätzendes an sich. Voll Lebendigkeit war er, liebevoll für die seinen und seine geliebten Langhe, stets auf der Suche nach Authentizität. Viele kannten ihn als Winzer, dabei war der sich stets etwas kratzbürstig gebende Mann studiert, war viele Jahre Tierarzt gewesen und konnte stundenlang feinsinnig philosophieren. Bei einem Glas guten Barolo, versteht sich. Im Weinberg und im Keller fühlte er sich der Tradition verbunden. Bei Rinaldi stehen ausschließlich große Holzfässer aus slawonischer Eiche im Keller. Eingemaischt wird noch in einem großen alten Gärbottich, die Technik ist auf ein Minimum reduziert. Beppe war überzeugt, die Weine müssen sich im Keller selbst entwickeln. Wenn dabei alles gut ging - und das war meist, aber leider nicht immer der Fall – wurden daraus großartige Barolo. Mein erster Besuch bei Beppe Rinaldi war Anfang der 1990er Jahre. Damals gab es noch keinen Hype um Barolo und schon gar nicht um Rinaldi. Barolo war ein verschlafener Ort. Durch die steile Kellertreppe gelangte man in etwas, das in anderen Betrieben der Verkostungsraum wäre. Bei Beppe Rinaldi war das ein kunterbuntes Sammelsurium aus alten und neuen, leeren, halbleeren und vollen Flaschen, Etiketten aller Art – und einer zentimeterdicken Schicht Staub. Die leicht blinden Verkostungsgläser, die mir gereicht wurden, ließen mich Schlimmstes befürchten. Die Weine dann aber waren eine Offenbarung. Und Beppe, einmal in Fahrt gekommen, war nicht mehr zu halten. Von einem Fass ging es zum nächsten und als wir alle durch waren, kletterte er behände hinter eines der großen Fässer und holte eine Flasche „Pintone“ (altes piemontesisches Flaschenmaß) hervor, in denen er manche seiner Barolo früher füllte. Beppe Rinaldi erzeugte stets zwei Barolo aus jeweils zwei Lagen, Brunate-Le Coste und Cannubi S. Lorenzo-Ravera. Dann kam 2010 die Weinrechtsreform und es durfte nur mehr ein einziger Lagenname angeführt werden. Aus Protest dagegen und all die Bürokraten, beließ es Rinaldi fortan bei Brunate und nannte seinen zweiten Barolo einfach „Tre Tine“, drei Fässer. Der Inhalt aber blieb der gleiche. 2018 erlag Beppe Rinaldi – siebzigjährig – einem Krebsleiden. Schon zuvor waren die beiden Töchter Marta und Carlotta in den Betrieb eingebunden und Marta, die Önologin, für den Keller verantwortlich. In der Philosophie des Weinmachens folgen die beiden den Spuren des Vaters, klar und geradlinig, und wenn es sein muss, durchaus auch kämpferisch. Der Einzug der neuen Generation brachte aber auch Veränderungen. So ist der Keller nun wesentlich weniger chaotisch und deutlich sauberer geworden - das macht sich auch in den Weinen positiv bemerkbar. So kann der Geist Beppe Rinaldis in den Barolos noch klarer weiterleben.
Luciano Sandrone, Barolo
Eine Erfolgsgeschichte aus den Langhe. Vom Kellerarbeiter schaffte Luciano Sandrone den Aufstieg zum Winzer mit eigenem Betrieb, dessen Weine weltweit begehrt sind. 1978 erzeugte Sandrone seinen ersten Wein aus der Renommierlage Cannubi. Sein 1985er Cannubi Boschis machte ihn bekannt und 1990 machte er sich endgültig selbständig. Heute bearbeiten die Sandrones, Luciano wird unterstützt von seinem Bruder Luca, seiner Tochter Barbara und bald auch von den Enkelkindern Alessia und Stefano, Lagen in allen wichtigen Barolo-Gemeinden. Sandrones Weine, insbesondere der Cannubi Boschis, zeichnen sich durch besondere Seidigkeit und Finesse aus. Nach der traditionellen Maischegärung reifen die Weine im Tonneaux, Eichenfässer von 500 Liter. Als „aufgeschlossener Traditionalist“ bezeichnet sich daher Luciano Sandrone. Zum Barolo Cannubi Boschis gesellte sich im Laufe der Jahre der Barolo Le Vigne, ein Verschnitt aus mehreren Lagen. Ab dem Jahrgang 2013 benannte Luciano Sandrone seinen Cannubi Boschis in Aleste um, ein Akronym aus den Namen der Enkel, die den Betrieb weiter führen werden.
Bartolo Mascarello, Barolo
Er galt als der letzte Mohikaner, Barriques und kurze Maischestandzeiten waren für ihn das Ende des Barolo. Ebenso die Lagenweine. Erst der Verschnitt mehrerer Lagen verleihe dem Wein Komplexität, war Bartolo Mascarello überzeugt. In seinen letzten Jahren war der streitbare Winzer an den Rollstuhl gefesselt. An seinem Schreibtisch zeichnete Bartolo hingebungsvoll bunte Etiketten. Eingedenk seiner Vergangenheit als Partisan zeichnete er 2003 ein Etikett mit der Aufschrift: No Barrique, no Berlusconi. Als ein befreundeter Weinhändler in Alba die Flasche in der Vitrine präsentierte, entblödete sich die örtliche Polizei nicht, den Wein zu konfiszieren. 2005 verstarb Barolo Mascarello. Ihm folgte seine Tochter Maria Teresa nach, die schon seit Beginn 1993 an der Seite ihres Vaters arbeitete. Ganz dem Vorbild ihres Vaters folgend, zeigt auch sie sich sehr bestimmt und durchaus streitbar. Kleines Holzfass und Lagenwein sind für sie kein Thema. So erzeugt sie weiterhin aus den Lagen Cannubi, San Lorenzo, Ruè in Barolo und Rocche in La Morra, insgesamt 3 Hektar, einen einzigen Barolo. Der aber ist große Klasse!
Pio Cesare, Alba
»Seit 1881 erzeugen wir Wein. Durch unsere Adern fließt nicht Blut, sondern Barolo und Barbaresco,« sagt stolz Pio Boffa. Er repräsentiert die 4., seine Tochter Federica, die gerade ihr Studium abschließt, die 5. Generation. Pio Cesare ist die letzte innerhalb der Stadtmauern von Alba verbliebene Kellerei. Im historischen Keller kann man sogar ein Stück der römischen Stadtmauer bewundern. Pio Cesare aber ist nicht nur Tradition, Pio Cesare ist auch Innovation. 1985 brachte Pio Cesare mit dem Barolo Ornato einen der ersten Lagenweine auf den Markt. Der Chardonnay Piodilei zeigt, dass im Piemont auch tolle Barriques-Chardonnay wachsen. Pio Cesare, das sind 70 Hektar Weinberge in Eigenbesitz im Gebiet der Langhe. Erzeugt werden zwei Barolo und zwei Barbaresco, je einen Klassiker, die, wie die Tradition es haben will, aus einem Verschnitt von mehreren Lagen entstehen, und den Lagenweinen Barolo Ornato, eine Steillage in Serralunga und Barbaresco Il Bricco, eine herrliche Südlage an einem der höchsten Punkte des Gebietes in Treiso.
Bruno Giacosa, Neive
Er war einer der großen alten Männer der „Langhe“. Seine Barolo und Barbaresco mit dem roten Riserva-Etikett lassen Sammlerherzen weltweit höher schlagen. 1967 füllte Bruno Giacosa seinen ersten Barbaresco. Seine Lagen-Barbaresco Asili, Rabajà oder Santo Stefano, sein Barolo Rocche di Falletto sind Meilensteine der italienischen Weingeschichte. Dabei besaß Bruno Giacosa über viele Jahre keine eigenen Weinberge, sondern war Trauben-Vermittler. Über die Jahre sammelte er so ein enormes Wissen über die Qualität der Lagen. Das kam ihm dann als eigenständiger Weinproduzent zu Gute. Zu Beginn der 1990er Jahre erwarb Giacosa in Serralunga ein eigenes Weingut, Falletto. Mittlerweile zählen über 20 Hektar in Serralunga, La Morra und Barbaresco dazu. Bruno Giacosa verstarb zu Beginn dieses Jahres. Tochter Bruna führt das Weingut weiter.