Cantine Garrone: Prünent Valli Ossolane Nebbiolo Superiore DOC 2018
Unbeschwert verkosten, ohne Schnickschnack und eine elendig lange Liste an technischen Details: Das ist unser Motto für die Rubrik „Wein der Woche“! Wir begeben uns auf die Suche nach spannenden Etiketten und machen Halt auf Weingütern, die für einzigartige Genusserlebnisse sorgen. Eine Reise durch wunderschöne Landschaften, atemberaubende Regionen und urige Kellergewölbe – und dabei immer einen guten Tropfen im Glas!
Cantine Garrone: Prünent Valli Ossolane Nebbiolo Superiore DOC 2018
Das sagt Simon Staffler:
Marco Garrone habe ich vor über 10 Jahren bei einem Destillatsverkostungswettbewerb im Veneto kennengelernt. Er, ich und die anderen Jungs im Wettbewerb waren die damals besten unseres Jahrgangs bei der jeweiligen regionalen Sommelierprüfung gewesen und somit durften wir, als Preis, bei ebendiesem Wettbewerb teilnehmen. Was das für ein Preis ist, sei dahingestellt, doch wir hatten alle eine Menge Spaß (soviel weiß ich noch). Ich staunte nicht schlecht, als ich Marco vor ein paar Jahren im Juni 2021 während einer Pressereise ins Alto Piemonte wiedertraf. In Domodossola führt er gemeinsam mit seinem Bruder das Familienweingut Garrone. Man muss sich das Ossolatal als langgezogenes Tal am Nordzipfel Piemonts vorstellen, irgendwo zwischen Lago Maggiore, Arsch der Welt und der Schweiz. Cool ist, dass das Tal ziemlich unbekannt ist, touristisch und weintechnisch würde es man höchstwahrscheinlich als unterentwickelt beschreiben. Doch genau das macht den Reiz dieses Gebiets aus. Hier stehen zum Teil noch wurzelechte Prünent Rebstöcke, die über 100 Jahre alt sind. Prünent ist der lokale Name für Chiavennasca, Picoteneur, Picotendro oder, wie wir ihn alle kennen: Nebbiolo. Wer hier allerdings mit den Langhe vergleichbare Nebbioli sucht, liegt komplett daneben. Hier produziert man Bergweine! Duftige, schlanke(re), Nebbioli kommen hier in die Flasche. Garrone ist für das Ossolatal sicher der Vorzeigebetrieb. Nicht zuletzt auch, weil die Cantina Garrone gemeinsam mit der Associazione Produttori Agricoli Ossolani sehr um die Wiederbelebung dieses einst so weinträchtigen Gebiets einsetzen. Abwanderung und Industrialisierung haben die ländliche Bevölkerung um die Jahrhundertwende in die Stadt „gezwungen“, viele Rebberge wurden aufgelassen. Herzzerreißend schade.
Der hier vorgestellte Prünent enthält de facto auch Trauben, die von kleinen Weinbauern dem Weingut geliefert werden. Die oben zitierte Vereinigung wurde 1994 gegründet mit dem Ziel „die lokalen Berg- und Steillagen wiederzuqualifizieren, sowie das Ansehen und die Qualität des Gebiets und der Trauben zu steigern“. Was das auch immer heißen mag. Garrones Prünent leuchtet im Glas, er duftet nach Leder, kleinen roten Beeren und getrockneten Blumenblüten. Es ist ein strahlender Wein, der stolz sein Gebiet widerspiegelt. Und er ist gut! Zum fairen Preis. Doppelte Herzempfehlung. Achtung Kleinstproduktion: 5.000 Flaschen.
Ein Aufruf an alle Nebbiolo-Lover: Probiert das nächste Mal doch Prünent statt Prapò. Vielleicht schafft es diese kleine Ossolaner auch mal zum großen Kult.
Ich wünsch‘ es ihm (dem Wein) und ihnen (Marco und seinem ebenso lässigen Bruder Matteo).