Matthias Messner: „Unsere Mitglieder sind das Herz der Kellerei Bozen“
224 Genossenschaftsmitglieder, die mit Hingabe und Leidenschaft Weinbau betreiben, bilden den Kern der Kellerei Bozen. Gemeinsam engagieren sie sich für die gewachsene Kulturlandschaft rund um Südtirols Landeshauptstadt und streben nach Exzellenz und Qualität. Das Beste aus den Weinbergen wird in der Superiorlinie TAL vereint. Doch nicht nur die beiden Cuvées gelten als Aushängeschild der Kellerei. Ein Gespräch mit Geschäftsführer Matthias Messner.
Sie präsentieren sich als Kellerei der Familien. Was steckt hinter dieser Bezeichnung?
Seit jeher bilden unsere 224 Mitglieder das Herz der Kellerei Bozen. Dahinter stehen Landwirte mit Familien und die meisten im Vollerwerb. Auch wenn man es nicht vermuten würde, ist der Großteil unserer Weinberge steil bis sehr steil, was vor allem Handarbeit erfordert. Die Familien leisten dabei einen unermesslichen Beitrag, von jung bis alt, jeder ist mit Herzblut dabei. Um das zu würdigen, organisieren wir jedes Jahr unsere Lichtmessverkostung, die ganz unter unserem Motto „Kellerei der Familien“ steht. Einerseits, um den Mitgliedern das Resultat der harten Arbeit zu zeigen und andererseits, um Danke zu sagen. Ohne diesen Zusammenhalt wären wir heute nicht dort, wo wir sind.
Sind andere Südtiroler Genossenschaftskellereien nicht auch von kleinen Winzerfamilien geprägt?
Mit Sicherheit, aber es gibt hier je nach Zone doch signifikante Unterschiede.
Mit der TAL-Linie hat jetzt auch die Kellerei Bozen ihre teuren Super-Südtiroler. Muss man solche kostspielige TOP-Weine als Genossenschaft heutzutage haben?
Ich denke, dass jede Genossenschaft ihren Weg gehen sollte. Wir haben uns seit jeher der Qualität verschrieben und versuchen, spannende Weine in die Flasche zu bringen. Bereits seit längerer Zeit haben wir aber bemerkt, dass es Zonen und Weinberge gibt, die einzigartig sind, weshalb es Sinn macht, diese auch im Keller anders zu behandeln. Der Neubau der Kellerei hat seines dazugegeben. Das Resultat sind unsere beiden TAL-Weine. Sie werden uns dabei unterstützen, unsere Position als qualitätsorientierte Kellerei-Genossenschaft weiter zu verstärken.
Der Weinkubus der Kellerei Bozen ist seit seiner Erbauung zum architektonischen Kult-Objekt avanciert. Kann man eine solche Investition mit den gestiegenen Besucherzahlen im neuen Kellereigebäude „abzahlen“?
Bis zur Fertigstellung des Neubaus 2018 waren wir an den beiden historischen Standorten operativ tätig. Aufgrund der kleinen Strukturen waren wir jedoch sehr eingeschränkt, weshalb eine größere Investition notwendig wurde. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf die Möglichkeiten und die Besucherzahlen aus, sondern auch auf die internen Abläufe. Es gab Verbesserungen in fast allen Bereichen. Auch die Positionierung ist heute eine andere. Ob man durch die Verbesserungen die Investitionen abbezahlen kann, wird die Zukunft zeigen.
Zweifelsohne wurde das Image der Kellerei Bozen einmal mehr gestärkt: Wie wichtig ist es, ein ansprechendes Kellereigebäude zu haben?
Unsere Besucher sind nicht nur sehr interessiert, sondern mittlerweile auch sehr gut informiert. Nicht nur über die Weine, sondern auch über die Architektur. Da sich ganz Südtirol in dieser Hinsicht auf einem sehr hohen Niveau bewegt, war es für uns auch wichtig, an Attraktivität zu gewinnen.
Der Lagrein der Kellerei Bozen ist einer der landesweit meistabgefüllten Südtirol DOC-Weine. Der Lagrein Taber ist der (im Weinführer-Durchschnitt) meistausgezeichnete Südtiroler Wein ever. Was ist das Geheimnis hinter dieser konstant hohen Qualität?
Die Qualität der Weine entsteht im Weinberg und nicht im Keller. Auch hier zeigen sich der Zusammenhalt und die gute Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern und der Kellerei. Unser Kellermeister Stephan Filippi ist sehr erfahren und gleichzeitig offen für Neues. Zudem hat er mit der neuen Kellerei optimale Voraussetzungen erhalten, konstant hohe Qualität zu liefern.
Wie schafft man den Spagat zwischen Menge und raren Perlen?
Durch die Natur und die Zeit. Nur besondere Rebanlagen in ausgewählten Zonen und mit gewissem Alter werden für unsere Riserva- und Selektionslinien verwendet. Zudem ist die Erfahrung des Kellermeisters ausschlaggebend.
Und wie gelingt es, den Überblick zu bewahren?
Vor allem durch Erfahrung. Stephan Filippi ist seit 35 Jahren Kellermeister und kennt jeden Weinberg wie seine Westentasche. Zudem hat er sehr kompetente Mitarbeiter im Team für jeden Bereich.
Obwohl sich Bozen offiziell als Weinstadt deklariert, „riecht“ man in der Landeshauptstadt oft recht wenig Weinkultur. Der Magdalener-Hügel (wo die Kellerei Bozen ebenfalls der größte Hersteller ist) ist Luftlinie knapp einen Kilometer entfernt und am Waltherplatz trinkt man nationale Weine. Was läuft hier falsch?
Wir sind im ständigen Austausch mit den Tourismustreibenden und sind bestrebt, noch besser zu werden. Das große Angebot und die vielen Entscheidungsträger machen es nicht einfach. Nichtsdestotrotz sind wir als Kellerei Bozen unter den TOP 10 Aktivitäten auf Tripadvisor und sind sehr bemüht, unsere Hausaufgaben ordentlich zu machen.
Was kann die Stadt, was kann die Kellerei noch unternehmen?
Als Kellerei sind wir bestrebt den Bereich „Hospitality“, also alles, was Führungen, Events und Kooperationen mit der Hotellerie betrifft, kontinuierlich auszubauen. Die Stadt hingegen braucht klare Konzepte, die kontinuierlich und konsequent zu Ende geführt werden. Dafür müssen möglichst viele Leute (Produzenten, Restaurants, Hotels und Verkehrsamt) an einem Strang ziehen. Einiges wurde auf den Weg gebracht, einiges kann noch besser umgesetzt werden.