Il SUD IN TIROL
Seit über acht Jahren bringt der junge Neapolitaner Carlo Scutiero den Sud nach Tirol. Der Claim der Smorfia festigt sich seit Kurzem noch mehr in der Küche, die von klassischer neapolitanischen friggitoria, über süditalienische Klassiker bis hin zu – ma che ve lo dico a fare? – neapolitanischer Pizza alles bietet. Immer noch in der Goethestraße in Meran, ist die neue Smorfia ein paar Häuser weitergezogen, ins alte Yosyag, welches die letzten paar Jahre leer stand. Was Carlo und sein Team aus dem Glasbau gemacht haben, lässt sich sehen und ist einfach nur schön. Angehaucht im 60ies-Style und dennoch zeitlos, präsentiert sich die neue Smorfia hell, einladend, modern und mit internationalem Flair. Gespeist wird auf zwei Ebenen, im 1° Stock ist nur am Abend geöffnet. Und dort findet man auch etwas, das man auf der ganzen Welt in vielen Pizzerien noch suchen muss: ein Privé für maximal 10-12 Personen, die „La Smorfia Experience“. Man kann diesen private room ohne Aufpreis mieten und stimmt sich mit Chef Scutiero übers Menü ab, welches dann individuell angepasst wird - egal ob aus der Küche, dem Pizzaofen oder gemischt. Man kann hier in Ruhe fernab neugieriger Blicke schlemmen. Im Sommer erweitert sich das Privé um einen eigens abgetrennten Balkon und schlägt somit einen coolen Korridor zwischen drinnen und draußen. Sehr, sehr nice!
GESUCHTE ALIMENTARI, COOLE WEINKARTE
Bei unserem Besuch lassen wir Carlo einfach machen. Wir bekommen als Entrée ein Glas Sekt Trento DOC von Abate Nero, dazu drei Häppchen: eine klassische Melanzane alla parmigiana (die Melanzane sind vor ihrer „Zusammensetzung“ rigoros frittiert, wie es sich für die neapolitanische Tradition gehört), eine leckere knusprige Kartoffelkrokette und ein dick gehacktes Tatar vom Trentiner Rind. Letzteres ist mit Salz, Pfeffer, etwas Tabasco und Worchester Sauce abgeschmeckt, was dem Gericht eine leichte Süße verleiht. Interessant, finden wir. Die Kaper aus Pantelleria, die das ganze abrundet, ist ein kleiner Hinweis auf die Philosophie, die Carlo in der Smorfia verfolgt: Möglichst viele qualitativ hochwertige Produkte aus dem Süden Italiens nach Meran und auf den Tisch zu bringen. Beispiel gefällig? Wir reden hier von Olivenöl vom Ätna von Murgo, oder aus Apulien von Rivera, dann sämtliche Sardinen-Produkte von Armatore aus Cetara, Buffelmozzarella von Caputo und und und….und Wein! Ja genau, denn Carlo ist als angehender Sommelier sehr weininteressiert und hat bereits eine tolle Weinkarte mit über 60 Positionen. Hier bekommt man schöne Bubbles, lokale und Champagner, sowie trinkige Weine aus dem Süden Italiens, die super zur Pizza passen, aber auch ausgefallene Custoza oder selber gebrautes Bier aus Neapel: die Smorfietta. Süffig, leicht, und naturtrüb wie es sich für ein Bier zur Pizza gehört!
Und dann kommt die Königin, die Regina Pizza. Wir beginnen mit einer klassischen Margherita, weil sie „die Mutter aller Pizzen“ ist. Carlo verwendet für seinen Pizzateig eine Mischung aus 00 und 01 Mehl, das macht den Rand beim Backen etwas knuspriger. Wir bestätigen. Das Wechselspiel aus süß-salziger Tomatensauceund die wohlschmeckende Fior di Latte auf der Pizza machen aus der Margherita einen tollen Klassiker. Doch wer glaubt, dass man in der Smorfia nur Klassiker bekommt, der irrt! Im Gegenteil: Viele Pizze classiche wurden von der Speisekarte verbannt. Sollte ein Gast einen Spezialwunsch haben („Knoblauch, Zwiebel, Schinken und scharfe Salami – Wem‘s schmeckt….“, lacht Carlo), dann macht man das dem Gast natürlich - so gut es geht. Aber nur, wenn respektive Zutaten im Haus sind. Was ist mit Pizza mit Pommes und Würstel? Carlo könnte kotzen. Wir auch, und verstehen uns. Doch zurück zu den Spezial-Pizze. Jeden Monat gibt es eine eigens kreierte Pizza.
Im Oktober gab es die Profumi d’Autunno mit Butternut-Kürbis (in verschiedenen Gewürzen wie Gewürznelken, Zimt und anderen im Ofen gegart und dann püriert), gerösteten Kürbiskernen, Créme vom Büffel-Blauschimmelkäse und krokantem Speck-Crumble. Ein Hochgenuss finden wir! Zum Abschluss bekommen wir noch ein Preview auf die November-Pizza: Chanel N° 3. Warum dieser ausgefallene Name? „Weil drei Sorten Zwiebel drauf sind. Im November ist es kalt, man bleibt eher daheim, beginnt Eintöpfe und Suppen zu essen“, meint Carlo. „Davon habe ich mich inspirieren lassen. Die Basis ist eine Zwiebelcreme, wieder im Ofen mit Gewürzen gegart und püriert, dann grobe Stücke von der leicht süßen roten Tropea-Zwiebel und drauf frittierte Zwiebelstreifen, um den Crunch-Effekt zu geben. Die Käse-Basis bildet eine Mischung aus Fior di latte und Provola affumicata, wobei letztere rigoros mit Heu geräuchert und nicht mit ‚falschem‘ Rauch als Geschmacksverstärker versetzt wird.“
Die Chanel N°3 ist wirklich eine spezielle Pizza, die sehr gut schmeckt. Lasst euch nicht von den vielen Zwiebeln abschrecken, man schmeckt sie punktuell heraus und insgesamt ist auch diese Pizza ein süß-salziges Genusserlebnis. Wer weiß, was es im Dezember gibt. Pizza mit Wurst und Kraut? „Wohl eher mit Salsiccia und Friarielli! Schließlich sind wir der Sud in Tirol“, schließt Carlo ab. Da bleibt mir nur noch zu sagen: „Mi pare giusta la considerazione di quest’uomo.”
Und noch was, für alle Nicht-Italiener: Es heißt LA PIZZA (singular) und LE PIZZE (plural). Punkt, aus, amen.